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Mathematik: Eine rekursive Formel für die geradzahligen Werte der Riemannschen Zetafunktion
Released by matroid on Mo. 18. März 2013 15:07:46 [Statistics] [Comments]
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Analysis

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Eine rekursive Formel für die geradzahligen Werte
der Riemannschen Zetafunktion

Alles beginnt mit der Fourierreihe einer Rechteckpulsfunktion: \displaystyle \sum_{k=0}^{\infty}\frac{\sin((2k+1)x)}{2k+1}=\frac{\pi}{4} im Bereich ]0,\pi[ . Bildbeschreibung Bild 1: Fouriersumme der Rechteckfunktion bis zum 23. Summanden. Im Grenzfall unendlich vieler Summanden erhält man den Rechteckpuls. Wenn man beide Seiten dieser Gleichung von 0 bis \pi integriert (Integration und Summation sind aus Konvergenzgründen problemlos vertauschbar), bekommt man für die linke Seite \displaystyle \sum_{k=0}^{\infty}\int_{0}^{\pi}\frac{\sin((2k+1)x)}{2k+1}\, dx=\sum_{k=0}^{\infty}\frac{1}{(2k+1)^{2}}\cdot\left[-\cos((2k+1)x)\right]_{0}^{\pi}=2\cdot\sum_{k=0}^{\infty}\frac{1}{\left(2k+1\right)^{2}} , während man für die rechte Seite \frac{\pi^{2}}{4} erhält. Folglich ist die Summe über die reziproken Quadrate der ungeraden positiven ganzen Zahlen gleich \frac{\pi^{2}}{8} und die Summe über die reziproken Quadrate aller positiven ganzen Zahlen \frac{4}{3} davon, und es gilt \zeta(2)=\frac{\pi^{2}}{6}.

Um auf ähnliche und unkomplizierte Weise \zeta(4) zu errechnen, kann man die Integration dreimal statt einmal ausführen, wobei man die obere Grenze bei den ersten beiden Integrationen variabel läßt und nach dieser neuen Variablen die nächste Integration ausführt: \displaystyle \int_{0}^{\pi}\int_{0}^{x_{2}}\int_{0}^{x_{1}}\frac{\sin((2k+1)x)}{2k+1}dx\, dx_{1}dx_{2}=\int_{0}^{\pi}\int_{0}^{x_{2}}-\frac{\cos((2k+1)x_{1})}{(2k+1)^{2}}+\frac{1}{(2k+1)^{2}}\, dx_{1}dx_{2} \displaystyle = \int_{0}^{\pi}-\frac{\sin((2k+1)x_{2})}{(2k+1)^{3}}+\frac{x_{2}}{(2k+1)^{2}}\, dx_{2} \displaystyle = \frac{\cos((2k+1)\pi)}{(2k+1)^4} - \frac{1}{(2k+1)^4} + \frac{\pi^2}{2} \cdot \frac{1}{(2k+1)^2} \displaystyle = \frac{-2}{(2k+1)^4} + \frac{\pi^2}{2} \cdot \frac{1}{(2k+1)^2} , so daß wir für die Summation über k erhalten: \displaystyle \int_{0}^{\pi}\int_{0}^{x_{2}}\int_{0}^{x_{1}}\frac{\pi}{4}\,dx\, dx_{1}dx_{2}&=-2\cdot\sum_{k=0}^{\infty}\frac{1}{(2k+1)^{4}}+\frac{\pi^{2}}{2}\cdot\frac{\pi^{2}}{8} \displaystyle \int_{0}^{\pi}\int_{0}^{x_{2}}\frac{\pi}{4}\,x_{1}\,dx_{1}dx_{2}-\frac{\pi^{4}}{16}&=-2\cdot\sum_{k=0}^{\infty}\frac{1}{(2k+1)^{4}} \displaystyle \frac{\pi^4}{32} - \frac{1}{2} \cdot \int_0^{\pi} \frac{\pi}{8}\,x_2^2\,dx_2 &= \sum_{k=0}^{\infty} \frac{1}{(2k+1)^4} \displaystyle \frac{\pi^4}{32} - \frac{\pi}{16} \cdot \frac{\pi^3}{3} &= \pi^4 \left( \frac{1}{32} - \frac{1}{48} \right) = \frac{\pi^4}{96} Somit ist \zeta(4) als \frac{16}{15}\cdot\frac{\pi^{4}}{96}=\frac{\pi^{4}}{90} gefunden. Auf diese Weise kann man auch fortfahren und sukzessive immer zwei Integrationen mehr ausführen. Während das 2n-1-fache Integral über die Rechteckpulsfunktion das Volumen eines 2n-1-dimensionalen Simplex der Kantenlänge \pi erbringt, so daß man es zu \frac{\pi}{4}\cdot\frac{\pi^{2n-1}}{\left(2n-1\right)!} auswerten kann, führt dieselbe Mehrfachintegration für den Term \frac{\sin((2k+1)x)}{2k+1} auf ein gerades Polynom mit rationalen Koeffizienten in \frac{1}{2k+1}, da die Randwerte von \frac{\pm\cos((2k+1)x_{i})}{(2k+1)^{2i}}, die nach den ungeraden Integrationsschritten auftreten, nicht verschwinden. Der höchste in diesem Polynom auftretende Exponent wird 2n sein, so daß man aus der Differenz von Simplexvolumen und den Summanden des Polynoms mit niedrigerem Exponenten nach Summation über k eine rekursive Formel für \zeta(2n) erhalten kann. Genauer betrachtet hat dieses Polynom die Form \displaystyle (-1)^{n-1}\cdot\frac{2}{(2k+1)^{2n}}+\sum_{i=1}^{n-1}(-1)^{i-1}\frac{\pi^{2n-2i}}{(2n-2i)!}\cdot\frac{1}{(2k+1)^{2i}} , so daß sich nach Summation über k und Übergang zu \zeta(2i) ergibt: \displaystyle 2\cdot(-1)^{n-1}\cdot\frac{2^{2n}-1}{2^{2n}}\cdot\zeta(2n)=\frac{\pi^{2n}}{4\cdot(2n-1)!}-\sum_{i=1}^{n-1}(-1)^{i-1}\frac{\pi^{2n-2i}}{(2n-2i)!}\cdot\frac{2^{2i}-1}{2^{2i}}\cdot\zeta(2i) Das Endergebnis nach Auflösung nach \zeta(2n) lautet also: \displaystyle {\displaystyle \zeta(2n)=\frac{(-4\pi^{2})^{n}}{4^{n}-1}\cdot\left(\sum_{k=1}^{n-1}\frac{(-1)^{k-1}\cdot(4^{k}-1)}{2\cdot(4\pi^{2})^{k}\cdot(2n-2k)!}\cdot\zeta(2k)-\frac{1}{8\cdot(2n-1)!}\right)} Damit werden nun die nächsten 3 Werte berechnet: \displaystyle \zeta(6)=\frac{-64\cdot\pi^{6}}{63}\cdot\left(\frac{3}{8\cdot24\cdot\pi^{2}}\cdot\frac{\pi^{2}}{6}-\frac{15}{32\cdot2\cdot\pi^{4}}\cdot\frac{\pi^{4}}{90}-\frac{1}{8\cdot120}\right) \displaystyle =\frac{\pi^{6}}{63}\cdot\left(-\frac{1}{6}+\frac{1}{6}+\frac{1}{15}\right)=\frac{\pi^{6}}{945} , \displaystyle \zeta(8)=\frac{256\cdot\pi^{8}}{255}\cdot\left(\frac{3}{8\cdot720\cdot\pi^{2}}\cdot\frac{\pi^{2}}{6}-\frac{15}{32\cdot24\cdot\pi^{4}}\cdot\frac{\pi^{4}}{90}+\frac{63}{128\cdot2\cdot\pi^{6}}\cdot\frac{\pi^{6}}{945}-\frac{1}{8\cdot5040}\right) \displaystyle =\frac{\pi^{8}}{255}\cdot\left(\frac{1}{45}-\frac{1}{18}+\frac{1}{15}-\frac{2}{315}\right)=\frac{\pi^{8}}{9450} , \displaystyle \zeta(10) =\frac{-1024\cdot\pi^{10}}{1023}\cdot\left(\frac{3}{8\cdot40320\cdot\pi^{2}}\cdot\frac{\pi^{2}}{6}-\frac{15}{32\cdot720\cdot\pi^{4}}\cdot\frac{\pi^{4}}{90}+\frac{63}{128\cdot24\cdot\pi^{6}}\cdot\frac{\pi^{6}}{945}-\frac{255}{512\cdot2\cdot\pi^{8}}\cdot\frac{\pi^{8}}{9450}-\frac{1}{8\cdot362880}\right) \displaystyle =\frac{\pi^{10}}{1023}\cdot\left(-\frac{1}{630}+\frac{1}{135}-\frac{1}{45}+\frac{17}{630}+\frac{1}{2835}\right)=\frac{\pi^{10}}{93\,555} .
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Arbeitsgruppe Alexandria Dieser Artikel ist im Verzeichnis der Arbeitsgruppe Alexandria eingetragen:
: Analysis :: Fourierreihe :: Integration :: Rechteckpulsfunktion :: Rekursionsgleichung :: Riemannsche Zetafunktion :
Eine rekursive Formel für die geradzahligen Werte der Riemannschen Zetafunktion  
Herleitung einer Rekursionsformel für die Werte der Riemannschen Zetafunktion an geradzahligen Stellen. Voraussetzung: Fourierreihen, Integralrechnung. Berechnung von drei Beispielen.
[Die Arbeitsgruppe Alexandria katalogisiert die Artikel auf dem Matheplaneten]
 


 
 
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"Mathematik: Eine rekursive Formel für die geradzahligen Werte der Riemannschen Zetafunktion" | 3 Comments
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Re: Eine rekursive Formel für die geradzahligen Werte der Riemannschen Zetafunktion
von: shadowking am: Do. 21. März 2013 20:00:04
\(\begingroup\)Vielleicht schreibe ich mal ein wenig dazu, wie es zu diesem kurzen Artikel kam: Alle mir bekannten Berechnungen für $\zeta(2)$ sind schwieriger nachvollziehbar oder können auf höhere Werte nur mühsam übertragen werden. Eulers originaler Ansatz - Ausmultiplizieren der Produktdarstellung von $\frac{\sin(\pi x)}{\pi x}$ und Koeffizientenvergleich mit dessen Potenzreihe - geht von der nicht leicht nachvollziehbaren Überlegung aus, durch Lage und Ordnung der Nullstellen bei $\{\pm 1, \pm 2, \ldots\}$ und die Normierung $f(0)$ = 1 sei eine Funktion $f: \mathbb{C} \mapsto \mathbb{C}$ auch überall sonst eindeutig festgelegt. Will man die Idee verwenden, um auch noch $\zeta(4), \zeta(6), \ldots$ zu bestimmen, muß man kombinatorische Überlegungen anstellen, um den korrekten Wert zu erhalten. Dann gibt es die Methoden, die Integrale verwenden. Die bekannteste verwendet die Parsevalsche Identität für die Fourierreihe von x/2, $\frac{x}{2} = \sum_{k=0}^{\infty} (-1)^{k+1} \frac{\sin(kx)}{k}$, so daß zum Verständnis tieferes Wissen über Fourierreihen erforderlich ist. Zudem fiel mir auf, daß, um die höheren Terme der Zetafunktion damit zu berechnen, diese Fourierreihe zu immer höheren Potenzen erhoben wurde, aber stets nur einmal integriert wurde. Das hatte ich zuerst auch so gemacht, doch auf den ersten Blick ist nicht erkennbar, wann ein Produkt aus z.B. sechs Sinustermen im Integral von 0 bis $\pi$ Null ergibt und wann nicht. Kombinatorische Argumente für die Auswertung müssen dabei weiterhin gebracht werden. Schließlich gibt es noch Doppelintegrale, die einerseits als Summe über reziproke Quadrate, Biquadrate etc. dargestellt, andererseits durch trickreiche Transformationen ausgewertet werden können. Jedoch sind einerseits diese Transformationen nicht unmittelbar einsichtig, andererseits benötigt man für $\zeta(2n)$ auch ein $2n$-faches Integral. Bei dem Weg der Berechnung von $\zeta(2n)$, den ich hier vorstelle, fallen all diese Schwierigkeiten weg. Es wird, außer der Kenntnis um die Fourierreihe der Rechteckfunktion, lediglich ausgenutzt, daß $\int_0^{x_1} \sin((2k+1)x) \, dx = \frac{-\cos((2k+1)x)+1}{2k+1})$, daß also bei jeder weiteren Integration der Exponent des Nenners um 1 ansteigt. Daher geht bei diesem Ansatz $\zeta(2n)$ als Linearkombination aus kleineren geradzahligen Zeta-Werten hervor, was ich so noch nirgends gefunden habe, und alle kombinatorischen Überlegungen erübrigen sich. Daher fand ich dieses Ergebnis mitteilenswert. Kennt jemand noch einfachere und schnellere Wege, den exakten Wert für $\zeta(2n)$ herzuleiten?\(\endgroup\)
 

Re: Eine rekursive Formel für die geradzahligen Werte der Riemannschen Zetafunktion
von: rofler am: Mi. 27. März 2013 16:14:56
\(\begingroup\)Indem man die Funktionalgleichung, die aus der Theta-Transformationsformel und Mellin-Transformation folgt, verwendet und $\zeta(-k)$ ausrechnet.\(\endgroup\)
 

Re: Eine rekursive Formel für die geradzahligen Werte der Riemannschen Zetafunktion
von: Ueli am: Di. 09. April 2013 21:07:48
\(\begingroup\)Hallo shadowking, die Idee gefällt mir wirklich gut. Es erstaunt mich auch, dass so viele Möglichkeiten der Berechnung gefunden wurden und anscheinend immer noch werden. \ Als weitere Möglichkeit möchte ich noch den Residuensatz erwähnen: sum(f(n),n=-\inf,\inf)=-\pi* sum(res(f(z)*cot(z\pi)), Pole f(z)) Gruss Ueli\(\endgroup\)
 

 
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